Wandern kann jeder, der laufen kann

Laut Statista gehen 40,21 Millionen Menschen ab 14 Jahren ab und zu oder sogar häufig wandern. Besonders beliebt ist die Fortbewegung zu Fuß bei der Altersgruppe der 50 bis 59jährigen, zwischen 14 und 19 Jahren spielt das Gehen noch keine allzu große Rolle in der Freizeit. Mittlere bis ältere Semester sind da sozusagen schon einen Schritt weiter.

 

Der Mensch läuft, seit er den aufrechten Gang für sich entdeckte, also seit über drei Millionen Jahren. Als Kleinkinder sind wir stolz, wenn uns die ersten aufrechten Schritte allein gelingen, als Kinder bewegen wir uns lebensfroh meistens rennend. Als Erwachsene bewegen wir uns in der Regel, wenn wir müssen, zum Beispiel wenn der Hund mal vor die Tür muss. Wandern als Bewegungsform hat, laut Statista, bislang etwa die Hälfte der Deutschen als Hobby für sich entdeckt. Dabei ist laufen eine Bewegungsform, die wir von Kindesbeinen an beherrschen, für die man kein Mitglied in einem Fitnessverein sein muss und die jeder ausüben kann.

Wer früher von A nach B wollte und weder einen Karren noch Zugtiere besaß, musste sich auf „Schusters Rappen“ fortbewegen. In vielen Regionen gab es weder Straßen noch Wege, im besten Fall Pfade. Fehlten selbst die, folgte man ungefähr der entsprechenden Himmelrichtung, bis das Ziel erreicht war. Dauerte der Marsch mehrere Tage, hatte man sein Bündel mit Nahrung und Wasser dabei und schlug sein Lager irgendwo unterwegs auf. In vielen Regionen der Welt sind Straßen immer noch ein Luxus, wer irgendwo hin muss, geht zu Fuß. Nicht als Hobby, sondern aus Notwendigkeit.

„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“
(Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter 1749 - 1832)

Da wir in den meisten Fällen von der Notwendigkeit entbunden sind, ein Ziel erreichen zu müssen, sind wir frei zu entscheiden, wohin wir gehen wollen. Das schöne altmodische Wort „lustwandeln“ beschreibt zielloses Gehen, einfach aus Freude an der Bewegung und an der Entdeckung schöner Dinge oder der Natur. Wo ließe es sich beispielsweise besser lustwandeln als durch einen schattig-grünen Buchenwald an heißen Sommertagen? Viele Menschen verzichten auf diesen Luxus, weil ihnen das Laufen zu anstrengend ist. Wandern gibt uns die Möglichkeit, diese Erfahrungen zu machen. Wir können unsere Umwelt intensiv und unmittelbar zu erleben, wie wir das weder beim Radeln, geschweige denn bei einer Autofahrt könnten. Beim Wandern ist der Weg das Ziel.

„Auch der längste Marsch, beginnt mit dem ersten Schritt“
(Laotse, chinesischer Philosoph, 6. Jhd. v. Chr.)

Schuhe anziehen, Haustür zuziehen und schon kann man losgehen. Wandern ist eine für jedermann erschwingliche und ausführbare Form der Bewegung. Der innere Schweinehund ist im Grunde der Einzige, der es verhindert. Wer sich mit dem Wandern anfreunden möchte aber noch nie gewandert ist, sollte es langsam und entspannt angehen. Eine kurze Strecke ohne anstrengende Steigungen, maximal 1-2 Stunden und vielleicht mit einer Einkehrmöglichkeit, um sich am Ende zu erfrischen und zu belohnen. Wer Spaß daran hat, kann sein Pensum und damit seinen Radius erweitern.

„Viel wandern macht bewandert“
(Otto Kimmig, deutscher Philologe und Aphoristiker 1858 – 1913)

Wer unterwegs ist, erlebt Neues, sammelt Eindrücke und erweitert seinen Horizont, daran hat sich im Lauf der Zeit nichts geändert. Beim Wandern sind neue Eindrücke besonders intensiv, einfach weil man mehr Zeit hat sich auf sie einzulassen. Ob man Wanderrouten wegen ihrer landschaftlichen Reize, ihrer kulturellen Bedeutung oder ihrer gastronomischen Angebote aussucht, ist Geschmackssache. Und davon profieren Körper und Geist. Das Gehen durch die Natur öffnet zudem den Blick für ihre Schönheit, man lernt sie viel mehr zu schätzen. Und ist vielleicht auch bereit, mehr zu ihrem Schutz beizutragen.

„Gehen ist des Menschen beste Medizin“
(Hippokrates von Kos, griechischer Arzt etwa 460 - 370 v. Chr.)

Wandern verbessert die Gesundheit und steigert damit die Lebensqualität. Insbesondere Menschen mit einem hohen Blutdruck profitieren davon, denn Wandern senkt den Blutdruck und damit auch das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Diabetiker Typ 2 können durch Wandern ihren Blutzuckerspiegel auf natürliche Weise senken, mache können sogar auf ihre Tabletten verzichten, wenn sie sich regelmäßig bewegen. Wer sich bewegt, verbraucht Kalorien. Das bedeutet, der Körper verbrennt Fettreserven. Deshalb kann regelmäßiges Wandern die Pfunde purzeln lassen und zu einem normalen Gewicht beitragen.

Nicht nur für ältere Menschen ist interessant, dass Wandern die Knochen stärkt. Denn durch den Druck und die Zugkräfte der Muskulatur, die auf den Knochen wirken, wird die Knochendichte erhöht. Da auch das Gleichgewicht mit fortschreitendem Alter schlechter wird, ist eine Wanderung auf Waldwegen mit einem weichen, aber unebenem Untergrund ein ideales Gleichgewichtstraining. Die kleinen Fußmuskeln werden dabei gestärkt und tragen so mehr Stabilität beim Laufen bei.

„Der Vorgang des Wanderns trägt zu einem Gefühl psychischen und geistigen Wohlbefindens bei“
(Bruce Chatwin, englischer Schriftsteller 1940-1989)

Wandern kann die Stimmung verbessern und die Lebensfreude steigern. Denn die Glückshormone Endorphin, Dopamin und Serotonin, die der Körper dabei freisetzt, heben die Laune. Angstzustände oder Depressionen werden gelindert. Schon nach 20 Minuten laufen steigt der Dopaminspiegel an. Wer besser drauf ist, kann auch besser schlafen. Denn körperliche Aktivität baut Stress ab und der ist häufig daran schuld, dass am Abend das Kopfkino läuft, das Ein- oder Durchschlafen verhindert. Wer sich besser fühlt, ist glücklicher und das wiederum steigert nicht nur die Lebensqualität und sondern vermutlich auch Lebenserwartung.

Das letzte Wort soll der französische Mathematiker, Physiker und Philosoph Blaise Pascal haben (1623 – 1662): „Zu unserer Natur gehört Bewegung, die vollkommene Ruhe ist der Tod“.

 

 

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