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In Würde zu Hause altern
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In Würde zu Hause altern
Jeder will lange leben, aber niemand will alt werden – wie in vielen bekannten Sprichwörtern steckt auch in diesem eine tiefere Wahrheit. Denn nicht wenige Menschen haben mit zunehmendem Alter das Gefühl, die Kontrolle über ihre Lebensumstände zumindest in Teilen abgeben zu müssen. Häufig hängt dieser Umstand auch mit der Wohnsituation zusammen.
Oft hat man viele Jahre damit verbracht, das Zuhause so nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten, dass man sich dort uneingeschränkt wohlfühlt. Leider schert sich das Alter kaum um solche Errungenschaften: Ungerührt sorgt es dafür, dass sich Wünsche und Bedürfnisse verändern. Manchmal sogar so drastisch, dass ein weiteres Leben in den eigenen vier Wänden schließlich unmöglich wird. Für Betroffene ist dieser Verlust ihres gewohnten Zuhauses oft schlimmer als die vielen körperlichen Zipperlein, die ihnen das Leben bis zu diesem Zeitpunkt bereits aufgezwungen hat. Ein Leben im Senioren- oder gar Pflegeheim? Eine Horrorvorstellung!
Depression im Alter
Tatsächlich sorgt ein Umzug in eine solche Einrichtung bei manchen Menschen für eine regelrechte Depression. Entsprechende Zahlen legte die Stiftung Warentest im Jahr 2020 vor und berief sich dabei auf Forschungsergebnisse des Arbeitsbereichs Altersmedizin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main: Demnach leiden 25 bis 45 % aller Senioren, die in Altersheimen wohnen, an einer mehr oder minder ausgeprägten Depression.
Damit ist die Depression die zweithäufigste Erkrankung in Alters- und Pflegeheimen. Unter Gleichaltrigen, die noch immer zu Hause wohnen, ist diese Erkrankung dagegen weit weniger ausgeprägt: Nur 5 bis 10% dieser Menschen leiden darunter.
Fremdbestimmung kann unglücklich machen
Ein Grund für diese Häufung ist das Gefühl – und leider nicht selten auch die Tatsache –, das Leben nicht mehr so selbstbestimmt wie gewohnt führen zu können. Stattdessen wird der Alltag zunehmend von Routinen bestimmt, die von anderen Menschen etabliert werden. Und diese Routinen werden außerdem meist immer seltener durchbrochen. So entsteht allmählich eine Unterforderung, die schließlich in Lust- und Antriebslosigkeit mündet – und schlimmstenfalls in einer Depression, die leider längst nicht immer als solche erkannt wird, weil ihre Symptome auf den ersten Blick denen einer Demenz sehr ähnlich sind.
Körperlich, intellektuell und sozial gefordert bleiben
Psychologen und Altersforscher betonen daher immer wieder, wie wichtig es ist, auch im Alter gefordert zu werden. Natürlich gehören dazu im günstigsten Falle auch Sport und das eine oder andere Kreuzworträtsel. Im Grunde geht es dabei aber nicht um einen täglichen Belastungstest in Sachen geistiger und körperlicher Fitness, sondern vielmehr um die Bewältigung des normalen Alltags. Einen großen Teil davon nehmen die Haushaltsroutinen wie Einkaufen, Putzen und Kochen ein. Und tatsächlich können diese alltäglichen Verrichtungen eine beständige Quelle der Zufriedenheit oder zumindest der Bestätigung der eigenen Selbstständigkeit sein. Nicht zu unterschätzen ist aber insbesondere auch die soziale Interaktion mit Nachbarn, Freunden und Verwandten. Denn Begegnungen mit Menschen sind es, die uns nicht nur geistig rege, sondern im besten Falle auch glücklich und zufrieden machen.