GUT SCHLAFEN

Wir wollen und müssen schlafen, wenn wir müde sind. Die Zirbeldrüse schüttet Melatonin aus, Körpertemperatur und Blutdruck sinken. Der Körper fährt herunter und bereitet sich auf den Schlaf vor. Doch obwohl der Körper uns mit Müdigkeit sein Ruhebedürfnis signalisiert, ist der Schlaf oft widerspenstig. Manchmal kommt er, bleibt aber nur kurz und schon gar nicht über Nacht. Manchmal lässt er sich bitten, bis es schon hell wird. Das Problem teilen viele.

 

43 % der Deutschen haben Schlafprobleme. Laut Statista nehmen 1,55 Millionen Menschen täglich oder fast täglich ein Schlafmittel, um diesem Zustand abzuhelfen. Dem Schlaf mit Medikamenten auf die Sprünge zu helfen, ist zwar kurzfristig eine Lösung. Doch längerfristig haben Schlaftabletten oder Schlafmittel ihre Nachteile. Das reicht von Überhangeffekten am Morgen über Abhängigkeit bis hin zu Entzugserscheinungen, wenn das Mittel abgesetzt werden soll. Von Wechselwirkungen mit anderen eingenommenen Medikamenten, einem erhöhten Sturzrisiko in Kombination mit bestimmten Medikamentengruppen oder der Beeinträchtigung der Atmung ganz zu schweigen. Besser also, den Schlaf auf andere Art und Weise zu fördern.

 

Es ist normal, ab und an mal schlecht zu schlafen. Man sollte das zunächst entspannt sehen. Doch wann genau ist der Schlaf objektiv gestört? Das hängt davon ab, ob jemand regelmäßig Schlafschwierigkeiten hat oder nur gelegentlich. Der Kölner Facharzt für Allgemeinmedizin, Somnologie und Schlafmedizin, Dr. med. Michael Feld, hat dafür eine Dreier-Regel aufgestellt: „Wenn Sie öfter als dreimal pro Woche länger als drei Stunden pro Nacht wach sind und das länger als drei Wochen, dann gehen Sie zum Hausarzt oder zum Schlafmediziner.“ Denn nur ein Experte ist in der Lage, den Schlafproblemen auf den Grund zu gehen. Zudem kann der Arzt kurzfristig etwas Geeignetes zur Überbrückung verordnen und langfristig dabei unterstützen, den Schlaf dauerhaft zu verbessern - ohne Medikamente.

 

Im Schlaf wird das Gehirn aufgeräumt

Ohne Schlaf funktioniert kein Lebewesen. Trotzdem ist immer noch nicht eindeutig geklärt, warum alle schlafen müssen. Tatsache ist: Wer schlecht oder gar nicht schläft, wird krank und ist tagsüber oft „neben der Spur“. Schon 24 Stunden ohne Schlaf haben angeblich den gleichen Effekt wie ein Promille Alkohol im Blut. Schlechter Schlaf macht es schwer, im Job und im Alltag zu funktionieren. Das Konzentrationsvermögen ist eingeschränkt und Gedächtnis und Lernfähigkeit arbeiten nicht zuverlässig. Schlaf muss sein. Er ist das Entspannungsprogramm für Körper und Geist. Schlafprobleme machen müde, gereizt und fördern die Depressionsneigung.

 

Nachts läuft das Reparatur- und Regenerationsprogramm

Während wir schlafen, sortiert das Gehirn die Datenfülle des vergangenen Tags, damit es leistungsfähig bleibt. Wichtiges wird gespeichert, Unwichtiges gelöscht. Diese Aufräumarbeiten leistet das Gehirn während des Schlafs, weil dann keine Außenreize vorhanden sind, die den Betrieb stören. Dafür braucht es enorme Energiemengen. Das könnte ein Grund dafür sein, dass der Körper in dieser Zeit ruhen muss. Während wir schlafen, ist nicht nur im Gehirn, sondern auch im Körper einiges los. Wachstumshormone werden ausgeschüttet, Zellen regenerieren sich und Heilungsprozesse beschleunigen sich. Stoffwechselfunktionen werden verlangsamt und Stoffwechselprodukte, die sich im Lauf des Tages angesammelt haben, abgebaut. Auch das Immunsystem nutzt den Schlaf und stärkt in der Nacht seine Abwehrkräfte. Deshalb ist der „Heilschlaf“ bei Erkältungen, Verletzungen oder nach Operationen so wichtig. Im Schlaf wird auch der Blutspiegel des Stresshormons Kortisol bis zum nächsten Morgen abgesenkt, ebenso die Ausschüttung des Hungerhormons Ghrelin. Gleichzeitig steigt der Gehalt des appetitzügelnden Hormons Leptin im Blut. Wer schläft, wird deshalb nicht hungrig. Wer wenig schläft, hat mehr Appetit. Schlechter Schlaf kann daher die Entwicklung des Metabolischen Syndroms fördern (= Bluthochdruck, Übergewicht, hohe Blutzucker- und Blutfettwerte, niedrige HDL-Cholesterinwerte). Es gilt als Hauptrisikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes.

 

Schlafräuber erkennen – Schlaf verbessern

Guter Schlaf ist also eine Notwendigkeit, die uns nicht nur hilft, unseren Akku für den kommenden Tag wieder aufzuladen, sondern uns auch gesund erhält. Woran kann es liegen, wenn wir schlecht schlafen? Es gibt viele Gründe, die den Schlaf durcheinanderbringen. Eine der Hauptursachen, die das Einschlafen verhindern, ist Stress. Stress im Job, Geldsorgen, Ärger mit dem Partner, Sorgen wegen der Kinder … Wenn das Gedankenkarussell nicht anhält, kommt der Körper nicht zur Ruhe. Schwere Mahlzeiten, koffeinhaltige Getränke oder Alkohol am Abend können Einschlaf- oder Durchschlafprobleme nach sich ziehen. Schichtarbeit bringt den zirkadianen Rhythmus (der Bio-Rhythmus, der den Wechsel aus Schlaf und Wachsein regelt) durcheinander. Hormonveränderungen wirken sich ebenfalls oft nachteilig auf die Nachtruhe aus. Hinzu kommt ein schnarchender Partner – ein echter Schlafkiller! Wenn selbst Ohrstöpsel den Lärm nicht dämpfen können, sollte man dem Partner einen Besuch beim Schlafmediziner ans Herz legen. Denn in Verbindung mit Atemaussetzern ist das nächtliche Sägen nicht nur ein Geräuschproblem, sondern stellt für den Schnarcher selbst auch ein enormes gesundheitliches Risiko dar.

 

Schnarchen und Schlafapnoe – ein gefährliches Problem

Schnarchen kann laut, nervig, aber trotzdem harmlos sein. Bei mehr als zwei Dritteln aller Paare schnarcht einer. Meist zum Kummer des anderen. Doch wird das Schnarchen von Atemaussetzern begleitet, stellt es eine Gesundheitsbelastung dar. Bei einer starken Schlafapnoe wird der Körper nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Das stresst den Körper, er schüttet Cortisol und Adrenalin aus – Stresshormone, die während des Schlafs eigentlich runtergefahren werden. Vor allem das Gehirn reagiert auf die unregelmäßige Sauerstoffzufuhr und auch der Stoffwechsel kann durch Atemaussetzer aus dem Gleichgewicht geraten. Man geht davon aus, dass bei einer unbehandelten Schlafapnoe das Schlaganfallrisiko um ein Vierfaches erhöht ist und die Lebenserwartung im Schnitt um 10 Jahre sinkt. Ebenso steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer schnarcht, morgens immer wie gerädert aufsteht und unter Tagesmüdigkeit leidet, sollte einen Arzt aufsuchen. Zudem neigen Apnoeiker zum Sekundenschlaf, was ihr Unfallrisiko immens steigert. Sie sind also eine Gefahr für sich selbst und für andere. Ganz abgesehen davon, dass ihre permanente Müdigkeit zulasten ihrer Lebensqualität geht.

 

Restless Legs und Wadenkrämpfe

Nachts müssen sich auch Muskeln und Gelenke ausruhen. Doch bei unruhigen Beinen, „restless legs“ (RLS) genannt, ist an eine erholsame Bettruhe nicht zu denken. Der unangenehme Bewegungsdrang, verbunden mit Ziehen, Kribbeln oder Schmerzen in Waden, Füßen oder Oberschenkeln, verhindert oder stört den Schlaf enorm. RLS führt zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Leistungsabfall. Das Phänomen kann übrigens in jedem Ruhezustand auftreten, auch beim Fernsehen auf der Couch oder beim Sitzen im Theater. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Bislang ist unklar, warum die Beine unruhig sind. Ebenfalls unangenehm und schlafraubend sind nächtliche Krämpfe in den Beinen. Oft reißt ein Krampf Betroffene aus dem Schlaf und zwingt sie zum Aufstehen, um das Bein oder die Wade zu dehnen. Abgesehen davon, dass die Krämpfe sehr schmerzhaft sein können, kommt bei solchen nächtlichen Aktionen der Schlaf zu kurz.

 

Natürliche Schlafhelfer

Bevor chemische Medikamente regelmäßig abends zum Einsatz kommen, lohnt sich ein Versuch mit beruhigenden und schlaffördernden Kräutern. Es gibt sie als Tees, Tinkturen, Dragees oder sogar als Füllungen in Schlafkissen. Ihr Arzt oder Apotheker kann Sie dazu kompetent beraten. Zu den Klassikern gehören Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume und Lavendel. Bewährt haben sie sich in Kräutermischungen, die ganz allgemein die Nerven beruhigen und den Schlaf fördern. So lassen sich Nervosität und Unruhe schon am Nachmittag mit ein bis zwei Tassen Tee abmildern. Auch eine Tasse Hanftee am Abend soll den Schlaf verbessern. Neben den pflanzlichen Helfern gibt es zahlreiche andere Hilfsmittel.

Kopfkissen, die beispielsweise mit aromatischen „Schlafkräutern“ gefüllt sind, können durch das Einatmen ihres Dufts das Nervenkostüm beruhigen und das Ein- und Durchschlafen erleichtern. Kissen mit binauralen Tönen können der Entspannung und damit auch dem Einschlafen dienen. Dabei hören die Ohren gleichzeitig zwei Töne, die sich in ihrer Frequenz leicht unterscheiden. Wenn das Gehirn versucht, sie zu verbinden, entsteht ein dritter Ton, der eigentlich eine akustische Täuschung ist. Dieses auf- und abschwingende Brummen soll den Schlaf oder die Entspannung fördern. 

 

Meditationsmusik stimuliert das parasympathische Nervensystem und fördert auf diese Weise die Entspannung. Das hilft beim Einschlafen. Auch Naturgeräusche – beispielsweise Wind in den Blättern, Meeresrauschen, Vogelgezwitscher oder fallender Regen – haben auf viele Menschen eine ähnliche Wirkung. Während man aufmerksam lauscht, setzt Entspannung ein, der Blutdruck sinkt und der Körper kommt in den Ruhemodus, der für den Schlaf so wichtig ist.

 

Was ist noch zu beachten? Schlafstörungen sind keine Bagatelle, sie müssen behoben werden. Denn verlorener Schlaf lässt sich auf Dauer nicht nachholen. Wer hin und wieder mal eine Nacht durchwacht, kann den Schlafmangel in den folgenden Tagen mit einigen Mittagsschläfchen kompensieren. Wer aber unter ständigen Schlafproblemen leidet, muss etwas verändern.

 

 

Besser Schlafen (Liste)

  • Halten Sie feste Schlafenszeiten ein und entwickeln Sie ein Schlafritual, dem Sie täglich ohne Stress und ohne großen Aufwand folgen können. Das kann Meditation sein, Musikhören, eine Tasse Tee, ein Kapitel in einem Hörbuch oder eine Viertelstunde lesen (möglichst keinen aufregenden page-turner). Schon nach kurzer Zeit stellt sich der Körper auf dieses Signal ein und fährt herunter.
  • Gehen Sie nicht zu spät und möglichst jeden Tag etwa zur gleichen Zeit ins Bett. Stehen Sie morgens möglichst zur gleichen Zeit auf. Damit die innere Uhr im Takt bleibt, sollten Sie diese Zeiten auch im Urlaub und an den Wochenenden beibehalten. Und verzichten Sie auf einen Mittagsschlaf, wenn Sie unter Schlafstörungen leiden.
  • Vermeiden Sie zu schwere Mahlzeiten und essen Sie nicht zu spät zu Abend.
  • Trinken Sie keinen Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke nach 15:00 Uhr.
  • Trinken Sie möglichst keinen oder nur wenig Alkohol vor dem Schlafengehen. Alkohol fördert zwar das Einschlafen, erschwert aber das Durchschlafen.
  • Verzichten Sie auf Nikotin.
  • Sorgen Sie für eine angenehme und gemütliche Atmosphäre im Schlafzimmer, in der Sie sich geborgen fühlen.
  • Im Schlafzimmer sollte es kühl (18 Grad gelten als optimal), ruhig und dunkel sein.
  • Ersparen Sie sich Aufregungen vor dem Zubettgehen, lesen Sie keine unangenehmen E-Mails, verzichten Sie auf aufwühlende Fernsehsendungen und vertagen Sie nervige Gespräche auf den nächsten Tag.
  • Verbannen Sie TV-Gerät, Handy oder andere Elektrogeräte aus dem Schlafzimmer.
  • Wenn Sie abends unbedingt noch auf den Rechner oder das Handy schauen müssen, benutzen Sie den Nachtmodus. Das Display hat dann einen reduzierten Blaulichtanteil.
  • Sorgen Sie für warme Füße. Mit kalten Füßen schläft man schlecht ein.
  • Verbringen Sie tagsüber genug Zeit im Freien und treiben Sie regelmäßig im Hellen Sport. Wer abends sportlich aktiv sein will, sollte auf einen ausreichenden zeitlichen Abstand zur Schlafenszeit achten.
  • Da Frauen einen leichteren Schlaf haben als Männer, sollten sie bei einem schnarchenden Partner getrennte Schlafzimmer in Betracht ziehen.
  • Bei einem unruhigen Bettpartner sind getrennte Matratzen eine gute Investition.
  • Versuchen Sie es mit Atemübungen, das senkt die Herzfrequenz und den Blutdruck, der Körper beruhigt sich. Beispielsweise die 4-7-8-Übung: Mit geschlossenem Mund durch die Nase einatmen, dabei innerlich bis 4 zählen. Den Atem anhalten und dabei innerlich bis 7 zählen. Dann hörbar durch den Mund ausatmen, dabei innerlich bis 8 zählen. Diese Übung viermal wiederholen.

 

Wer sich lieber in die Hände eines Profis begeben will, kann sich an eine Schlafschule oder an einen Schlaf-Coach wenden. Ein Schlaf-Trainer vermittelt Entspannungstechniken, gibt Informationen zur richtigen Schlafhygiene und hilft bei der Veränderung von ungünstigen Schlafroutinen. Doch zuvor sollten Sie bei einem Arzt checken lassen, ob Ihrer Schlafstörung nicht eine Erkrankung zugrunde liegt.

 

Warten Sie nicht zu lange, um Ihr persönliches Schlafproblem zu lösen – Sie verlieren sonst wertvolle Lebensqualität.

 

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