Tinnitus – das feine Weghören kann man sehr gut lernen

Ein gelegentliches kurzes Ohrenklingeln oder Ohrenrauschen kennt jeder Vierte in Deutschland. Bei manchen Betroffenen sind solche Geräusche jedoch alltägliche Begleiter. Der sogenannte Tinnitus kann verschiedene Formen annehmen, auch in seiner Intensität unterscheidet er sich von Mensch zu Mensch.

 

Es pfeift, rauscht oder rattert im Ohr und im Kopf. Die Intensität der Belästigung wird unterschiedlich empfunden, aber rund jeder zweite Betroffene leidet sehr unter den Geräuschen, die keine äußere Geräuschquelle haben und daher auch von niemand anderem gehört werden können.

 

Man geht heute davon aus, dass die meisten Ohrgeräusche nicht direkt von einer Erkrankung ausgelöst werden. Offenbar ist es so, dass Nervenzellen der Hörbahnen im Gehirn Impulse aussenden und so Töne oder Geräusche entstehen. Unser Gehirn ist in der Lage, solche unwichtigen Geräusche auszublenden. Das macht es ständig, damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können. Wenn dieses Herausfiltern funktioniert, ist Tinnitus kein Problem.

 

Wenn wir uns aber auf die Geräusche konzentrieren und fixieren, weil sie uns beunruhigen, geschieht das Gegenteil: Wie die tickende Uhr oder der tropfende Wasserhahn, die uns unter bestimmten Bedingungen schier in den Wahnsinn treiben können, wirken sich auch Ohrgeräusche quälend aus. Bei einem trotz möglicher Therapieansätze bleibenden Tinnitus müssen Betroffene lernen, ihn zu überhören. Wer aufhört, den Tinnitus als Bedrohung zu empfinden, hat die Chance, ihn in den Hintergrund zu drängen und irgendwann kaum oder gar nicht mehr wahrzunehmen.

Neben Entspannungsübungen, Gesprächen in Selbsthilfegruppen und einer positiven Lebenseinstellung gilt die Tinnitus-Retraining-Therapie als aussichtsreiche Maßnahme. Beratung und Aufklärung sind die Basis der Therapie. Denn um den Tinnitus ignorieren zu können, muss zunächst erkannt werden, dass er bedeutungslos und ungefährlich ist.

 

Die Arbeit an der inneren Einstellung kann durch technische Hilfen wirkungsvoll unterstützt werden.

Wer unter chronischem Tinnitus leidet und eine Behandlung beginnt, ist zunächst nicht in der Lage, die belastenden Geräusche zu ignorieren. Sogenannte Noiser oder auch Hörgeräte können dann den Tinnitus überlagern, sodass er nicht mehr die gesamte Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann. Auf dieser Basis lassen sich die anderen Therapieschritte entspannter bewältigen.

 

Sehr häufig weisen Tinnitus-Betroffene zugleich auch Hörminderungen auf. Somit können zwei Probleme auf einmal gelöst werden. Die Empfehlung von Hörexperten lautet daher, eine mögliche Anpassung von Hörsystemen vom Hörakustiker abklären zu lassen, bevor eine Tinnitus-Therapie beginnt. In vielen Fällen treten dann die Ohrgeräusche in den Hintergrund, weil die auslösenden Hörminderungen kompensiert wurden.

 

Wenn die Außengeräusche wieder vollständig wahrgenommen werden, kann der Tinnitus nicht mehr so viel Raum einnehmen. Er wird von den Alltagsgeräuschen verdeckt. Vielen Menschen gelingt es, mit Retraining und Hörsystemen den Tinnitus zu überhören. Dabei arbeiten meistens HNO-Ärzte, Psychologen und Hörakustiker eng zusammen, um die Betroffenen umfassend zu unter-
stützen.

 

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