Gesundheit
6 Fragen zum Thema „Frozen Shoulder“ an Dr. Nicolas Gumpert
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6 Fragen zum Thema „Frozen Shoulder“ an Dr. Nicolas Gumpert:
Was ist eine eingefrorene Schulter und wie kann man sie auftauen?
Herr Dr. Gumpert, was verbirgt sich hinter dem Begriff Frozen Shoulder?
Bei der Frozen Shoulder, auch adhäsive Kapsulitis genannt, entzündet sich die Gelenkkapsel, also der Ballon um das Gelenk und die Schleimhaut. Ist diese Entzündung stark ausgeprägt, kann sie auch Sehnen und Schleimbeutel in Mitleidenschaft ziehen. Das führt schließlich zu einer Verklebung der Gewebsfasern, wodurch die Elastizität des Gelenks fast vollständig verlorengehen kann.
Manche Betroffene können dann nicht einmal mehr ein Deo benutzen. Zusätzlich leiden sie häufig aber noch an extremen Schmerzen, so dass sie teilweise nächtelang nicht mehr schlafen, bis sie schließlich völlig erschöpft in die Praxis kommen.
Ein versteiftes Gelenk ist in der Orthopädie jetzt nicht wirklich selten. Was macht die Frozen Shoulder so besonders?
Bei der Frozen Shoulder wissen wir einfach noch nicht, was da eigentlich genau abläuft. Zwar ist klar, dass es sich um eine globale Entzündung der Gelenkkapsel handelt, die dann im späteren Verlauf zu einer Versteifung führt. Sie ist aber weder den rheumatischen Erkrankungen zuzurechnen, noch haben wir es mit einer bakteriell verursachten Entzündung zu tun.
Außerdem kann sie auch an anderen Gelenken auftreten, beispielsweise dem Kniegelenk, dem Ellenbogengelenk oder dem Handgelenk. Die Schulter ist statistisch gesehen einfach am häufigsten betroffen.
Sie können also nicht sagen, wodurch eine Frozen Shoulder verursacht wird?
Es gibt Fälle einer Frozen Shoulder, bei der wir den auslösenden Faktor nicht bestimmen können. Allerdings tritt sie meistens doch nach Verletzungen auf, beispielsweise nach einer ausgekugelten Schulter, einem Oberarmkopfbruch, oder nach einer Operation. Außerdem gibt es noch einige Risikofaktoren, die die Gefahr einer Frozen Shoulder erhöhen. Dazu gehören zum Beispiel Autoimmunerkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, oder ein Diabetes.
Spielt auch das Alter eine Rolle?
Nur bedingt. Zwar tritt eine Frozen Shoulder statistisch häufiger bei Frauen rund um das 50. Lebensjahr auf, weshalb man hier einen hormonellen Faktor vermuten muss. Bloßes Alter und altersbedingte Degeneration scheinen aber nicht wirklich eine Rolle zu spielen. Tatsächlich leiden ältere Menschen ab dem 80. Lebensjahr kaum noch an einer Frozen Shoulder, weil dafür wohl auch eine gewisse Stoffwechselaktivität vonnöten ist, die in diesem Alter nicht mehr in einem solchen Umfang stattfindet.
Wie kann man eine Frozen Shoulder behandeln? Bei dem Namen liegt es doch nahe, es mit Wärme zu versuchen …
Bei der Behandlung geht man in zwei Schritten vor: Zunächst wird die Entzündung gelindert, dann das Gelenk mobilisiert. Ist die Frozen Shoulder nicht besonders stark ausgeprägt, kann man im ersten Schritt mit den üblichen Entzündungshemmern wie Ibuprofen oder Diclofenac arbeiten.
Die meisten Betroffenen, die in meine Praxis kommen, leiden aber bereits an einer fortgeschrittenen Form der Frozen Shoulder. Hier ist die Frozen Shoulder, neben dem massiven Bandscheibenvorfall, eine der wenigen Indikationen, bei denen wir in der modernen Orthopädie noch Kortison benötigen. Hinzu kommen dann noch die flankierenden Maßnahmen – zu denen tatsächlich auch Wärme gehört!
Das ist etwas ungewöhnlich, da Wärme bei einer Entzündung ja eigentlich kontraproduktiv ist. Tatsächlich zählt die Frozen Shoulder aber zu den wenigen entzündlichen Erkrankungen, bei der Wärme auch positiv wirken kann. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen Betroffene besser auf Kälte reagieren, weshalb man hier im Zweifelsfall etwas rumprobieren muss.
Wie läuft die Remobilisierung des Gelenks ab? Kann ich eine Frozen Shoulder auch zu Hause in Eigenregie auftauen?
Davon würde ich abraten! Die Frozen Shoulder ist tatsächlich eine Erkrankung, die in die Hände von Spezialisten gehört. Das liegt auch daran, dass der Genesungsprozess extrem langwierig sein kann. Ohne ärztliche Betreuung kann eine Frozen Shoulder gut und gerne drei bis vier Jahre andauern. Außerdem besteht hierbei die Gefahr, dass die Entzündung nicht komplett ausheilt und chronifiziert. Unter professioneller Behandlung kann man diese Zeitspanne dagegen auf wenige Wochen oder einige Monate reduzieren – was für die Orthopädie auch schon eine extrem lange Zeit ist, aber natürlich immer noch besser als ein jahrelanges Martyrium!
Vielen Dank für dieses Interview, Herr Dr. Gumpert!
Autor:
Dr. Nicolas Gumpert
Kaiserstraße 14
60311 Frankfurt am Main
Tel.: 069 24753120
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